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Alex Baczyński-Jenkins
Geboren 1987 in London, Vereinigtes Königreich; lebt und arbeitet in Berlin, Deutschland.

Als Choreograf erarbeitet Alex Baczyński-Jenkins kontinuierlich ein Bewegungsvokabular, das die Bandbreite queeren Lebens erforscht. Als Künstler und Kulturschaffender untersucht er das politische Potenzial von Lust und Kollektivität. Ein sensibles Gesellschaftsbewusstsein steht im Zentrum seiner Praxis und zeigt sich beispielsweise in Baczyński-Jenkins’ Rolle als Mitbegründer des in Warschau ansässigen queer-feministischen Kollektivs Kem, das neue Ansätze für Choreografie, Performance, Sound und Sozialpraxis erprobt.

Baczyński-Jenkins macht körperliche Realität und ihre ephemeren Facetten zum Schauplatz seiner Darstellungen. Er nutzt verschiedene choreografische Mittel, um Nuancen wechselseitiger Abhängigkeiten in besser wahrnehmbare und materielle Formen zu überführen. Begierde ist ein transformatives Erlebnis und Baczyński-Jenkins ist daran interessiert, ihre verschlungenen Verläufe zu erforschen. 2019 zeigte der Künstler eine Einzelausstellung mit dem Titel Such Feeling in der Kunsthalle Basel, in dessen Rahmen er drei zwischen 2014 und 2018 entstandene Performances präsentierte. Untitled (Holding Horizon) (2018) zeigte fünf Tänzer:innen, deren synchrone, auf dem Box-Step basierende Bewegungen eine Auseinandersetzung zwischen individuellem Verlangen und Kollektivität anregten. Musik und Lichtdesign des Stücks folgten den sich bewegenden Körpern; die Performer:innen beeinflussten die sich verändernden Klänge und Lichter und wurden gleichzeitig selbst von ihnen beeinflusst. Die Klanglandschaft des Werks weckte Assoziationen, die zwischen pastoral-romantischer Science-Fiction und Erinnerungen an Rave-Nächte changierten und schließlich die schillernde Intimität und Energie eines Clubs einfingen. Das polyphone Werk Untitled (Holding Horizon), das die Schwelle zwischen Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit testet, ist eine Fortsetzung von Baczyński-Jenkins’ phänomenologischer Untersuchung von Desorientierung und Freundschaft.

Baczyński-Jenkins erforscht zudem, auf welche Weise das Medium Video als Mittel für eine soziale Choreografie dienen kann. Für seinen ersten Film, Faggots, Friends (2019), wählte der Künstler einen essayistischen Stil, der fiktionale Szenen mit dokumentarischem Filmmaterial verknüpft. Szenen von Freundschaft und Freizeit werden mit Bildern des ersten LGBTQ-Pride-Marsches in Białystok im Jahr 2019 versetzt, der mit gewalttätigen und rechtsgesinnten Gegenprotesten einherging. Der Film betont alternative Formen des Lebens und des Zusammenseins. Er erforscht, wie sich Intimität, Fürsorge und Kollektivität in queeren Gemeinschaften manifestieren, und implementiert den Begriff des queeren Zuhauses: als ein Aufbruchsort, Ort gemeinsamer Orientierungslosigkeit, als Erfahrung des Fremdseins und gleichzeitig als Zielort selbst. Wie Baczyński-Jenkins erklärt: “spricht das Werk durch und entlang dieser Beziehungen. Es verkörpert eine seltsame Überlagerung von Zeit und Aufmerksamkeit, durch die sich intime Beziehungen entwickeln können”. Der Titel des Films geht auf ein Gedicht von Ezra Green aus dem Jahr 2018 sowie auf Larry Mitchells bahnbrechendes Buch von 1977 zurück, beides literarische Berührungspunkte, die eine Kontinuität im Kampf für queere Rechte darstellen. Gegen Ende des Films tanzen drei Protagonist:innen an einem schlammigen Flussufer, welches als Cruising-Ort bekannt ist. Die Szene verweist auf die größeren politischen Herausforderungen, die Baczyński-Jenkins’ Werk rahmen, und untersucht das kreative Potenzial von Queerness in Zeiten seiner Gefährdung.

Während seines Aufenthalts bei Callie’s konzipierte und probte Baczyński-Jenkins sein neues Werk Unending love, or love dies, on repeat like it’s endless (2021), das sich mit Orientierungslosigkeit, Verlust, Feierlichkeit und hybriden Zeitlichkeiten wie ekstatischer Freude und Trauer auseinandersetzt. Das Werk wurde im August 2021 in der Klosterruine in Berlin uraufgeführt. Während seiner Residency bereitete Baczyński-Jenkins außerdem die erste Iteration der Kem School vor - einem neuen, vom Kem Collective initiierten Studienprogramm in Warschau - mit dem Titel: How to touch movement? Social choreographies, performance and queer feminisms as world-making.

Alex Baczyński-Jenkins ist ein 1987 in London, Vereinigtes Königreich, geborener Künstler und Choreograf. Er zeigte Einzelausstellungen in der Kunsthalle Basel, Schweiz (2019), der Foksal Gallery Foundation, Warschau (2018) und der Chisenhale Gallery, London (2017). Außerdem hat Baczyński-Jenkins an der 58. Internationalen Kunstausstellung La Biennale di Venezia (2019) sowie an Ausstellungen im Stedelijk Museum, Amsterdam (2019), im Migros Museum für Gegenwartskunst, Zürich (2018), im Palais de Tokyo, Paris (2017), im Museum für Moderne Kunst, Warschau (2017), im Swiss Institute, New York (2016), im Muzeum Sztuki, Łódź (2016) und an der Baseler Liste (2014) teilgenommen. Er ist Mitbegründer des feministisch-queeren Kollektivs Kem in Warschau. Kem hat kürzlich Projekte im Museum für Moderne Kunst in Warschau (Kem Care, 2017) und im Ujazdowski Castle Centre for Contemporary Art (Three Springs, 2018-19) realisiert. Zwischen 2012 und 2013 war Baczyński-Jenkins Stipendiat des Home Workspace Program in Beirut. Im Jahr 2018 wurde er mit dem Arts Foundation Award und dem Frieze Artist Award ausgezeichnet. Baczyński-Jenkins lebt und arbeitet in Berlin.